Parteirat

Der Parteirat besteht aus 13 Personen. Mindestens die Hälfte des Parteirates muss mit Frauen besetzt sein. Nicht mehr als die Hälfte der Mitglieder dürfen MandatsträgerInnen sein. Auf eine angemessene Vertretung der Kreisverbände auch in regionaler Hinsicht ist zu achten.

So steht es in der Satzung des baden-württembergischen Landesverbandes. Der Parteirat wird von der Landesdelegiertenkonferenz gewählt, die am Wochenende 21./22.11 in Biberach tagt. Ich werde mich erneut für einen Platz im Parteirat bewerben, habe jedoch dieses Jahr ein wenig gezögert mit meiner Bewerbung. Das hat vielfältige Gründe.

Wenn ich ein Parteiamt übernehmen möchte, denke ich vorher darüber nach, ob ich das zeitlich schaffe. Ich habe keine kleine Familie. Meine Frau ist dadurch, dass sie derzeit den Part des „Wenigerarbeiters“ übernommen hat, den größeren Teil an Betreuungszeit für die Kinder. Ich seh sie also im Vergleich weniger. Aber bis nächtes Jahr wird sich das wieder angeglichen, sie ein bißchen mehr, ich ein bißchen weniger. Trotzdem frag ich mich, ob ich den Mehr-Zeitaufwand für die Partei möchte.

Ich hab einen Job, der mich nächstes Jahr im Rahmen des EU Projektes „Leonardo da Vinci“ viermal ins Ausland führen wird, jedes Mal übers Wochenende. Ich bin Mitverantwortlicher für das Projekt „The immigrants businnesplan“, bei dem im Rahmen eines innereuropäischen Austausches Wege gefunden werden sollen, Selbstständigkeiten von EU-Immigranten zu fördern. Das kostet neben der Reisezeit natürlich auch Vorbereitungen.

Ich beginne nächstes Jahr berufsbegleitend eine selbstbezahlte Basisausbildung in Transaktionsanalyse, das bedeutet auch zusätzliches Lernen für mich.

Eine Menge los also. Dazu kommen politische Beweggründe. Trotz eines guten Wahlprogrammes und einer insgesamt tendenziellen stärkeren Linksausrichtung der Partei, bedingt durch die notwendige Differenzierung zum Schröder-Flügel der SPD, die uns in den 7 Jahren rot-grün manche große Kröte zu schlucken gegeben hatte, sind noch nicht alle ehemaligen rot-grünen GRÜNEN der Meinung, dass es Kurskorrekturen bedarf. Die Lehre aus rot-grün, als kleiner schwacher Partner wenig durchsetzen zu können und über den Kompromissen anfangen, diese als Erfolge zu feiern – bis hin zu durchinszenierten Parteitagen – die ist bei vielen noch nicht gezogen. Schlimmer, in Hamburg koaliert man mit der CDU – und feiert einen kleinen Schritt in der Bildungspolitik als Durchbruch. Dafür geht der Widerstand gegen das Kohlekraftwerk Moorburg tatsächlich dahin. Im Saarland führt das System „Ulrich“ zum ersten Jamaika-Bündnis bundesweit – ein Kulturbruch. Neben Leuten wie Alex Bonde, der Jamaika offen verteidigt, bringen sich in Baden-Württemberg die schwarz-grünen Befürworter in Stellung. Insgesamt, meinem Gefühl nach, trotz gefühlter Reorientierung im linken Lager konservative Bündnisse. Und so hab ich ein paar Tage lang überlegt, ob ich nicht Teil des Systems werde, linkes Feigenblatt, sodenn ich denn gewählt würde. Ob ich an verantwortungsvoller Stelle im Land Teil einer Partei sein will, die hinnimmt, dass sich der Bundesvorsitzende trotz ablehnendem Parteitagsvotum für einen Listenplatz um ein Direktmandat bemüht – und darin bestärkt wird. Oder in der eine Bundestagsfraktion nicht in der Lage scheint, den Generationswechsel hinzubekommen und – auch baden-württembergisches Thema – Fritz Kuhn statt Gerhard Schick als Fraktionsvize wählt. Oder sich erneut Winfried Kretschmann als Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2011 in Stellung bringt – und schonmal kräftig die Trommel für schwarz-grün rührt – und die Alternative, Ampel, völlig ungenannt bleibt.

Letztendlich habe ich mich doch entschlossen, zu kandidieren. Weil mir diese Partei wichtig ist. Weil ich meine Ziele, eine festere Verortung im linken Lager – links von der SPD – für notwendig erachte. Weil es notwendig ist, dass jemand, der notfalls kein Blatt vor den Mund nimmt, auch im Parteirat die offenen Fragen stellt. Klar, das können andere auch. Aber, ich kann – und möchte – das auch. Daher hab ich mich doch noch beworben. Liegt dann in der Tischvorlage.

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Till

Gute Bewerbung!

Wolfgang G. Wettach

Interessante Begründung – die sinnvollerweise nicht Eingang in die Bewerbung gefunden hat. Dass ich schwarz-grün nicht für den Untergang des Abendlandes halte weisst du vermutlich genauso wie dass meine privaten Freunde alle linker sind als ich.
Ich halte es, wie ich auf der BDK ja in meiner Rede gesagt habe, für wichtig, eisenhart in den wichtigsten Themen zu sein – ein Jahr längere Grundschule im Saarland ist da aus meiner Sicht als Landeselternrat und Vegetarier „weder Fisch noch Fleisch“ und verschiebt das Problem nur anstatt Zeit für eine Lösung des Problems zu schaffen.

Wie Schwarz-Grün mit Mappus funktionieren soll kann ich noch nicht sehen. Bei der LAG am wochenende wurde dafür aus mehreren Kehlen das Loblied auf Oettinger gesungen, was mich zumindest gewundert hat.

Fritz Kuhn mit Gerhard Schick abzulösen erscheint mir, mit Verlaub, keine dringliche Aufgabe. Fritz hat nicht nur gute Arbeit als Fraktionsvorsitzender geleistet und diesen Posten geräumt, er hat auch die beste Rede auf der letzten BDK gehalten, eine flammende grüne und kämpferische Rede, um auf eine gemeinsame Freundin anzuspielen.

Eine Erneuerung der Landespartei halte ich für wichtig, ebenso dass der Parteivorstand egal mit welchen Personen sich zum Ziel nimmt, klarer die Partei zu vertreten und ihr Gewicht neben den gewichtigen Stimmen der Fraktion zu geben. Nur starke Parteivorsitzende können glaubhaft ihr Gewicht einbringen – und die Realos haben klar versäumt, Daniel zu zeigen wie das geht (und Petra, soweit ich das sehe, dazu keine Gelegenheit gelassen).
Ich erwarte mir einen Parteirat, der die Vorsitzenden darin unterstützt und ihnen den Rücken stärkt – und auch wichtige Grüne dann zur Seite und ins Gebet nimmt, wenn sie die Linie der Partei verlassen. Dass du das kannst wenn du willst glaube ich dir einfach mal, es entspricht auch meinem Eindruck aus den letzten Jahren. Darum von meiner Seite: Viel Erfolg.

Sonja Rothweiler

Lieber Jörg,

ich teile deine Sichtweise und Einschätzung

und bin sehr froh darüber, dass du kandidierst.

Wer wenn nicht du ( manchmal auch ich) spricht außer unserem Oliver so richtig Klartext?

Ich freue mich darauf, dich zu wählen

Mit revolutionärem Gruß

Sonja

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